Was ist los?
Nachdem im vergangenen Jahr der erste Aufmarsch von radikalen Abtreibungsgegner*innen erfolgreich gestört werden konnte, trauen sie sich nun ein zweites Mal nach Köln. Am Samstag, dem 21. September 2024 werden erneut christliche Fundamentalist*innen, AfDler*innen und andere ultra-konservative Organisationen gemeinsam in Köln gegen das Recht auf Abtreibung marschieren. Unter dem Deckmantel des vermeintlichen „Lebensschutzes“ vertreten sie eine rückschrittliche Politik, die sich gegen jegliche Form von selbstbestimmtem Leben richtet. Die Anti-Choice-Bewegung will Abtreibungen verbieten und fordert die rechtliche Bestrafung von Betroffenen und Ärzt*innen. Sie drangsalieren Beratungsstellen sowie medizinische Einrichtungen und Praxen, die Abtreibungen durchführen.
Das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen steht zwar im Fokus der Abtreibungsgegner*innen, ist jedoch bei weitem nicht ihr einziges Thema. Der Kampf gegen sichere und legale Schwangerschaftsabbrüche reiht sich dabei neben queerfeindliche Hetze und die Forderung nach einer Verengung der Lebensentwürfe auf traditionelle Familien- und Geschlechterrollen ein. Natürlich laufen christliche Abtreibungsgegner*innen dabei Hand in Hand mit AfDler*innen und der Neuen Rechten. Sie alle sind Teil eines rechtskonservativen, antifeministischen und antidemokratischen Kulturkampfes, dem es gilt, sich entschieden entgegenzustellen!
Auf ihren Demonstrationen läuft fröhliche Musik, es wird getanzt und sie geben sich bunt, weltoffen und bespielen besonders gern das Thema Inklusion. Dies wird zur Farce, schaut man sich die personelle und organisatorische Zusammensetzung ihres Marschs an. Neben Familien mit Kindern laufen, wie im vergangenen Jahr in Köln, Mitglieder der extremen Rechten, wie z. B. die Gruppe ‚Revolte Rheinland ‚mit. Die extreme Rechte ist nicht gerade bekannt für Inklusion, vielmehr steht sie für Ausschlüsse und Diskriminierung. Ein Bild des Absurden, welches zeigt, was für einen üblen ideologischen Schulterschluss diese Märsche befördern.
Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland
Die jährliche Quote an Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland liegt bei knapp sechs Abbrüchen je 1.000 Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren. Hierzulande ist ein Schwangerschaftsabbruch nach § 218 StGB ein Straftatbestand, dem eine Freiheits- oder Geldstrafe droht. Unter gewissen Voraussetzungen bleibt ein Schwangerschaftsabbruch jedoch straffrei. Dazu zählt, dass seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind, die Schwangere nachweisen kann, dass sie sich drei Tage vor dem Abbruch hat beraten lassen und der Abbruch von einer Ärzt*in durchgeführt wird. Ist es denn überhaupt mal eben möglich, ein*e Gynäkolog*in für einen Abbruch zu finden? Nein, denn nur ungefähr zehn Prozent aller Gynäkolog*innen führen Abbrüche durch, wobei die Zahl stetig zurückgeht: „Verzeichnete das Statistische Bundesamt im Jahr 2003 noch etwa 2050 Praxen und Kliniken, die den Eingriff durchführten, waren es Ende 2020 nur noch 1109. Das entspricht einem Rückgang um fast 50 Prozent.“ Für die gynäkologische Fachärzt*innenausbildung ist es nicht verpflichtend, sich mit Schwangerschaftsabbrüchen auseinanderzusetzen. Hinzu kommt: Je nach Praxis, Methode und Versicherung belaufen sich die Kosten auf 300–650 €.
Die Lage in Bonn
In Bonn gibt es gerade einmal zwei niedergelassene Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Auch die Uniklinik Bonn gibt an, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, jedoch sei sie laut eigener Auskunft beim General Anzeiger nicht die „primäre Anlaufstelle“. Je weiter man aus Bonn hinausgeht, desto schwieriger wird die Gesundheitsversorgung in puncto Schwangerschaftsabbruch. Da das sogenannte „Werben“ für Schwangerschaftsabbrüche, also der Verweis auf der Praxisseite, dass dort Abbrüche durchgeführt werden, lange unter Strafe stand, ist kaum ersichtlich, welche Ärzt*innen überhaupt Abbrüche anbieten. In einer sowieso schon belastenden Situation können Schwangere im Regelfall nicht von der vertrauten Gynäkolog*in behandelt werden. Die Schwangere wird an andere Stellen verwiesen. Auf dieser Informationsgrundlage gilt dann herauszufinden, wo Abbrüche durchgeführt werden – im Zweifelsfall einige Stunden vom eigenen Wohnort entfernt und von einer komplett fremden Ärzt*in.
Ein internationales Problem
Die Einschränkung von Selbstbestimmung, Frauenrechten oder Rechten der queeren Community sind ein internationales Problem. Im Iran sind Schwangerschaftsabbrüche nur bei einer tödlichen Krankheit des Fötus oder bei einer lebensbedrohlichen Gefahr für die schwangere Person erlaubt. Der Abbruch muss von einer Kommission aus Richter*in, Ärzt*in, Gerichtsmediziner*in und Geistlichen, den Mullahs genehmigt werden, wodurch dem sehr selten stattgegeben wird. Hinzu kommt, dass Schwangere gezwungen sind, sich in einem staatlichen System zu registrieren und bis zur Geburt überwacht werden. Ist eine Schwangere bei der Geburt nicht registriert, hat sie dies bei Gericht zu erklären. Diese restriktive Politik hat zur Folge, dass nur zehn Prozent der Abtreibungen in Krankenhäusern mit gesicherter medizinischer Versorgung stattfinden. Ebenfalls gravierend ist die Situation für Betroffene in Polen. Immer mehr Schwangeren werden Abtreibungen verwehrt, was medizinische Folgen bis hin zum Tod für die Betroffenen bedeutet. In Polen ist es seit 2020 nahezu unmöglich, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen, da die rechtskonservative PiS-Regierung die reproduktiven Rechte von Frauen und queeren Menschen Schritt für Schritt einschränkte. Zu hoffen ist, dass die 2023 gewählte liberal-konservative Regierung unter Tusk die reproduktiven Rechte von Schwangeren verbessert, dies blieb jedoch bisher aus. Wir stehen solidarisch mit allen mutigen Menschen, die sich im Iran, Polen und weltweit für legale Schwangerschaftsabbrüche und das Recht auf Selbstbestimmung einsetzen.
Was wir wollen
- Selbstbestimmung! Das bedeutet für uns: Jede schwangere Person darf selbst über einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden.
- Uneingeschränkte Akzeptanz und Schutz der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt und aller Lebensrealitäten.
- Die Streichung von § 218 und § 219 StGB: Entkriminalisierung von praktizierenden Ärzt*innen und Abtreibungswilligen.
- Flächendeckende Gesundheitsversorgung für Schwangerschaftsabbrüche.
- Kostenübernahme für Schwangerschaftsabbrüche.
- Kostenloser Zugang zu Verhütungsmitteln.
- Sex und Liebe sind mehr als nur Reproduktion.
- Schwangerschaftsabbrüche als Teil der gynäkologischen Facharztausbildung.
- Keine Schwangerschaftskonfliktberatung von Organisationen, die aus ideologischen Gründen Abtreibungen ablehnen.
Was tun?
Am 21. September 2024 protestieren wir in Köln gegen die Anti-Choice-Bewegung und ihre fundamentalistischen und rückschrittlichen Forderungen. Kämpfen wir gemeinsam für das Recht auf Selbstbestimmung!
Dazu wird es eine gemeinsame Anreise aus Bonn zum Gegenprotest nach Köln geben.
Im Laufe der kommenden Wochen wird es mehrere Veranstaltungen zu dem Thema geben. Schaut dazu unter folgenden Link:
Gemeinsame Anreise nach Köln
Wir fahren am 21. September gemeinsam mit der Bahn von Bonn zum Gegenprotest nach Köln. Die genauen Daten werden noch bekannt gegeben.
Abfahrt: Bonn Hbf, Gleis 1 -> RE5 Richtung Wesel
Uhrzeit: 10:55 Uhr
Unterstützer*innen
Organisationen / Gruppen / Institutionen
Ihr wollt den Aufruf unterstützen?
Dann schreibt eine Mail mit eurem Logo an:
Einzelpersonen
- Ulrich Franz
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